Kulturelle Unterschiede im Business: Deutschland und Österreich Staffel 2 1

Kulturelle Unterschiede im Business: Deutschland und Österreich

Wer in seiner Berufslaufbahn schon einmal mit unseren Nachbarn aus Deutschland zu tun hatte, wird das bestätigen können: Es ist vieles ähnlich, aber gleich ist es noch lange nicht.

Sprechen Sie Deutsch oder Österreichisch?

Damit sind nicht nur die kleinen, aber feinen Unterschiede in der Sprache gemeint. Ganz egal ob unser Gegenüber von Tomate, Tüte, Konfitüre, Teilchen, Quark oder Sahne spricht. Auch wir “Ösis”, wie uns unsere Lieblingsnachbarn gerne nennen, können uns mit unseren regional vertretenen Begriffen durchaus geographisch positionieren.

Im Business kann das nicht nur für den einen oder anderen auflockernden Schmunzler sorgen, bei der korrekten Ansprache einer Person lauert auch schon das erste Fettnäpfchen. Hallo, Servus und Tschüs hört man in Deutschland durchaus öfter bei der Begrüßung und Verabschiedung – auch wenn man sich noch nicht so gut kennt. Österreich ist hier etwas formeller: bei einem ersten Treffen sind es Grußformeln wie “Guten Tag” oder bei der Verabschiedung “Auf Wiedersehen” eher angebracht.

Im Norden Deutschlands, besonders in Hamburg, kann es durchaus vorkommen, dass man mit dem Vornamen und einem förmlichen “Sie” angesprochen wird. Das für uns so befremdlich wirkende “Frau Karin” oder “Frau Renate” ist dort eher üblich. Weiß man das, kann man dies richtig in seiner inneren Landkarte zuordnen und fühlt sich trotzdem mit Respekt behandelt.

Was hingegen bei uns Österreichern nicht gut ankommt, sind deutsche Landsleute, die unbedingt die österreichischen Begriffe verwenden wollen. Oft geht das leider schief und wirkt dann eher weniger überzeugend. In solchen Situationen ist es ratsam, den korrekten Begriff aus dem Duden und keine lokalen Slangworte zu verwenden. Das gilt natürlich für beide Seiten, denn so verstehen wir uns doch am besten!

Das deutsch-österreichische Klischee

Es gibt so manches Klischee mit denen wir uns gegenseitig so gerne beschreiben. So gelten wir Österreicher bei den Deutschen gern als schnell mit dem Du-Wort. Im privaten und touristischen Bereich mag das eventuell stimmen, im Business kann man dieses Klischee ganz klar als nicht richtig bezeichnen.

Ein weiterer häufig genannter Stereotyp ist, dass Deutsche gerne eine direktere Sprache bevorzugen. Als Österreicher ist man es gewöhnt, auch schlechtere Nachrichten gerne mit ein wenig Zuckerguss zu überziehen, um die Aussage etwas weniger hart wirken zu lassen. Selbstverständlich gibt es in beiden Personengruppen Ausnahmen, gewisse Tendenzen lassen sich bei diesem Klischee dennoch deutlich erkennen.

Die sprichwörtliche “Deutsche Gründlichkeit” merkt man definitiv, wenn es um das Thema Pünktlichkeit geht. Hier sind unsere nördlichen Nachbarn sehr genau, so manch Österreicher kann sich hier noch etwas abschauen.

Am Verhandlungstisch wird es ernst – oder doch nicht?

Während man in Österreich gerne noch eine Nacht über etwas schläft und dem Gegenüber ein nonchalantes “Schau ma mal” entgegnet, ist man in der deutschen Business-Welt recht flott, wenn es um die Entscheidungsfindung geht.

Im Gegensatz zum großen Nachbarn Deutschland ist in Österreich alles ein bisschen gelassener und gemütlicher.

Typische österreichische Sätze wie “Ah, das geht sich schon noch aus” und “Wird schon nix passieren” beschreiben das Selbstvertrauen der Österreicher, wenn es um Entscheidungen geht, durchaus gut.

In schwierigen Verhandlungssituationen merkt man die Unterschiede der beiden Länder deutlich: während der Deutsche fast schon knallhart für seine Sache verhandelt, sucht der Österreicher lieber nach einer einvernehmlichen Lösung oder einem Kompromiss. Konflikte werden gerne vermieden, schließlich trifft man sich in Österreich mindestens zweimal im Leben – und da möchte man dann immer noch einen guten Ruf beim Gegenüber haben.

Eine berühmte Wiener Redewendung “Der draht’ si wia a Blatt’l im Wind” kommt nicht von ungefähr – uns Österreichern wird immerhin eine gewisse Situationselastizität nachgesagt. Diese Eigenschaft ist allerdings nicht als verhandlungsschwach zu missverstehen: die sprichwörtliche Bauernschläue findet man in Österreich nicht nur bei Vertretern der Landwirtschaft!

Schwierige und angespannte Situationen werden in Österreich auch gerne mit einer Portion Humor versüßt, denn auch am Verhandlungstisch darf es ein bisschen gelassener und gemütlicher zugehen.

Vom Amtsrat bis zum Zugführer – auf den Titel kommt es an

Dass wir Österreicher sehr stolz auf erarbeitete und verliehene Titel sind, merkt man, wenn man neben dem örtlichen Stammtisch beim Wirt sitzt und Phrasen wie “Du, Herr Bürgermeister” oder “Du, Herr Professor” unbeabsichtigt mithört.

In den meisten europäischen Ländern ist man zwar stolz auf seinen akademischen Abschluss, lässt den Titel aber in der Signatur oder auf Visitenkarten weg, außer es handelt sich um einen Doktortitel.

Nicht so in Österreich. Hier wird auf Titel wie „Frau Magister“, „Herr Diplom-Ingenieur“, „Herr Doktor“ oder „Frau Kommerzialrat“ sehr viel Wert gelegt. Die Devise lautet: lieber zu viel als zu wenig. Auch der Kellner wird in Österreich mit dem würdevollen Titel „Herr Ober“, einer Kurzform von “Herr Oberkellner” angeredet.

Wirtshauskultur trifft Business

Eine Besonderheit, die auch in politischen Kreisen immer wieder für Schlagzeilen in der Boulevardpresse sorgt, ist die Vorliebe der Österreicher, wichtige Business-Entscheidungen bei einem gemeinsamen Essen – meist Mittags oder Abends – vorzubereiten.

Das Mittagessen mit dem Kunden oder eine inoffizielle Abendveranstaltung werden gerne genützt, um abseits des Verhandlungstisches die Arbeits-Beziehung zueinander ungestört zu verbessern. Während des Essens selbst wird weniger über konkrete Themen des potentiellen Projektes oder Themas gesprochen, hier stehen vorerst die persönlichen Themen und die Beziehungspflege im Vordergrund. Ein wenig Privates wie etwa Hobbies von sich preiszugeben, ist bei solchen Veranstaltungen absolut üblich. Schließlich will man ja den Menschen kennen lernen, mit dem man Geschäfte machen möchte.

Das Übertreiben dieser Vorliebe hat in manchen Kreisen auch zu Regulierungen geführt. So gibt es etwa in Ministerien und bundesnahen Institutionen ein “Anfütterungsverbot”: Beamte und Regierungsvertreter dürfen keine persönlichen Geschenke oder Zuwendungen erhalten. Arbeitsessen in gehobeneren Lokalen können hier leicht die Bagatellgrenze überschreiten.

Kulturelle Unterschiede im Business: Deutschland und Österreich Staffel 2 3Das Wiener Schnitzel ist weltberühmt, aber nur wenige Nicht-Österreicher wissen, dass man dies mit einem Erdäpfel-Vogerlsalat (Kartoffelsalat gemischt mit Feldsalat) und Preiselbeermarmelade isst. Wird Schnitzel mit Pommes serviert und Ketchup bereitgestellt, ist dies ein Anzeichen dafür, dass das Lokal nur von Touristen besucht wird.

Findet man auf der Speisekarte eine Rinder-Kraftbrühe mit Pfannkuchenstreifen, kann man sicher sein, hier selten einen einheimischen Gast anzutreffend. Der würde nämlich lieber eine Frittatensuppe essen.

In Deutschland wird privat- und Businessleben mehr getrennt. Meetings finden lieber in den dafür vorgesehenen Räumen, also einem Meetingraum oder Büro, statt. Geselliges Beisammensein mit Geschäftspartnern findet am ehesten noch in Bayern statt, je weiter nördlich man sich bewegt umso strikter wird getrennt.

Von Handschlagqualitäten und Freunderlwirtschaft

Während in Deutschland ganz nach dem Klischee der deutschen Gründlichkeit Vereinbarungen fast ausnahmslos schriftlich dokumentiert werden, so gelten nach österreichischem Recht auch mündliche Vereinbarungen als verbindlich.

Im Streitfall kann das natürlich dazu führen, das entsprechende Beweise zu liefern schwierig wird – aber mit der österreichischen Kompromissbereitschaft wird meist eine Lösung gefunden, die für beide Parteien akzeptabel ist.

Als Person mit Handschlag-Qualität bezeichnet zu werden, ist demnach eine große Ehre, die in der österreichischen Wirtschaft durchaus Vorteile mit sich bringt.

Auch die als typisch österreichisch bezeichnete “Freunderlwirtschaft” mag für manche Deutsche etwas befremdlich wirken. Der Österreicher kauft ungern die Katze im Sack, die zuvor bereits im Wirtshaus geknüpfte Beziehung zum Anbieter kann bei einem Deal durchaus den Ausschlag geben. Schließlich kauft der Österreicher von Menschen und nicht von Unternehmen.

In Deutschland sind meist der Preis und der Produktprospekt vorrangig, das Geschäft steht an erster Stelle.

Fazit

Auch wenn es zwischen Österreich und Deutschland viele Unterschiede gibt, so sind und bleiben wir einander doch die Lieblingsnachbarn und gern gesehene Geschäftspartner.